Sollte sich der Tod des Drei-Sterne-Kochs Benoit Violier (KLICK) als Selbstmord bestätigen, ist er nicht der erste Sterne-Koch, der sich selbst diesem Leben entzieht. In einem anderen Fall, im Jahr 2003, war es die Herabstufung des Restaurants durch Gastro-Kritiker (KLICK).
Keine Frage, Gastro-Kritiker, wie der Gault Milau (KLICK) oder der Guide Michelin (KLICK), haben Macht. Ihre Bewertungen entscheiden über das Wohl und Wehe eines Restaurants und jene Gäste, die glauben, nur Sterne-Restaurants seien die wahren Gourmet-Tempel, orientieren sich an diesen Gastro-Führern und werden in Massen zu einer Art „Pilger“. Fallen die Sterne weg oder sinkt die Bewertung, lässt auch der Besucherstrom nach. Dementsprechend ist der Druck auf die kreativen (Koch-)Köpfe immens! Ich persönlich halte das für eine schlimme Entwicklung. Wer aber bereit ist, sich diesem Stress auszusetzen, soll es gerne tun. Allerdings sollte sie/er sich auch der Risiken bewusst sein!
Dass sich ein Sternekoch umbringt, finde ich, ist durch keinen beruflichen Grund zu rechtfertigen. Es gibt immer eine Perspektive und der Respekt vor dem und der Spaß am Leben, insbesondere, wenn man Familie und damit eine besondere Verantwortung auch für andere Menschen hat, sollte schwerer wiegen, als der Erfolg im Job.
Es gibt auch jene Küchenchefs, die sich diesem immensen Druck und dem Prozedere der Gastro-Kritiker und Gäste schlicht und einfach nicht (mehr) aussetzen wollen. So kommt es vor, dass manch ein ausgezeichneter Koch die Sterne „zurück gibt“. Warum das geschieht, ist in DIESEM ARTIKEL nachzulesen.
Wer bisher glaubte, der Job des Kochs komme dem nahe, was uns in zahlreichen Koch-Shows in den Medien präsentiert wird, der ahnt nicht im Geringsten, was tatsächlich hinter der harten Arbeit in der Küche steckt.
Es ist nicht das entspannte Zubereiten von Speisen, wie wir es für uns selbst jeden Mittag oder Abend absolvieren. In den Profi-Küchen ist das Kochen ein Zusammenspiel aus geschmacklichem Talent, organisatorischem Geschick, immenser Konzentrationsfähigkeit, Schnelligkeit, Erfahrung und der Fähigkeit, Zusammenhänge von Arbeitsabläufen erkennen zu können!
Wie die Küchenarbeit in der Realität abläuft, möchte ich kurz erläutern:
Alles beginnt mit dem Bon, die Bestellung des Kunden, die ausgedruckt in der Küche ankommt. Der Küchenchef annonciert die Bestellung, die Team-Mitglieder erklären durch Zuruf, dass sie die Annonce verstanden haben. Meist wird dabei nur das Fleisch-/Fischgericht genannt. Dann müssen die Köche aus kalter und Beilagen-Küche wissen, was zu dem jeweiligen Gericht gereicht wird. Bei der Zubereitung konzentriert sich alles auf den Saucier, den Saucen-, Fleisch- und Fisch-Koch. Wenn sein Gargut fertig ist, muss alles schnell gehen: Die Beilagen müssen in diesem Moment abgeschmeckt, heiss und passend gegart sein. Ist das nicht der Fall, gibt`s Druck! Dann wird angerichtet. Das muss alles sehr schnell gehen, damit das Essen den Gast heiss erreicht. Und um den Stress der Köche nachvollziehen zu können, sei gesagt, dass diese Arbeitsschritte nun vielfach (selten sitzt ein Gast alleine am Tisch), divers (nicht jeder Gast bestellt dasselbe Essen) und dauerhaft (über Stunden hinweg, so lange die jeweilige Schicht eben geht) ablaufen.
„Pinkelpause“? Bei dem Stress kommt dieses Verlangen gar nicht erst auf!
Raucherpause zwischendurch? Unmöglich!
Vor diesem eigentlichen „Geschäft“, sind die Köche aber alles andere als untätig. Nach Erhalt und Durchsprechen der Speisekarte zu Beginn des Arbeitstages, müssen die Lebensmittel vor- und zubereitet werden. Hier gilt es, Mengen abschätzen zu können, damit dem Gast nicht ein „Sorry, dieses Gericht ist leider ausverkauft!“ auf seine Bestellung hin gesagt werden muss. Das setzt Erfahrung voraus.
Der Beruf des Kochs kommt hier immer noch zu „sympathisch“ weg?
Nun, kommen wir zu charakterlichen Eigenschaften von Küchenchefs und Köchen, die ich in meinen Jahren als Koch in der deutschen und schweizerischen Gastronomie kennengelernt habe! Ich traf auf aggressive Choleriker, intensive Selbstzweifler, professionelle Alkoholiker und teamschädigende Selbstverliebte. Das alles wäre zu ertragen gewesen, wenn die meisten Köche nicht zu respektlosem Verhalten ihren Kollegen und Untergebenen gegenüber neigen würden, was im Extremfall auch schon mal im Werfen von Pfannen auf Kollegen oder dem Legen der Rezeptmappe auf ein Urinal münden kann!
Um das Beschriebene jetzt ein wenig zu entschärfen: Ich traf durchaus auch Köche, die ganz entspannt, charakterlich gefestigt, kollegial und teamorientiert waren 😉 ! Es wäre schlimm, würden meine Beschreibungen hier allein als Verallgemeinerung aufgefasst werden.
Ja, es gibt eine Menge Geschichten zu erzählen, wenn man in der Gastronomie gekocht hat 😉 . Und wer meint, das sei alles nur vor 20 Jahren so gewesen, den kann ich getrost beunruhigen: Die Stories, die ich manchmal von Kollegen oder ihnen nahestehenden Personen höre, zeigen mir deutlich, dass das Arbeitsklima nicht wesentlich milder geworden ist.
Bei den Sterne-Köchen kommt zu diesem „normalen“ Arbeitsablauf in der Küche und den beschriebenen Verhaltensweisen der Kollegen/innen, auch noch der Druck dazu, die Klasse der Küche halten zu müssen. Welche Auswirkungen das haben kann, muss ich demnach wohl nicht weiter erläutern.
Bei SPIEGELonline fand ich noch zwei interessante Artikel. Der eine belegt, wieviel Arbeitszeit ein Koch in der Regel aufwänden muss. Und…wir befinden uns hier durchaus nicht auf der Manager-Ebene, sondern im ganz normalen Bereich der Angestellten: KLICK
Und an alle, die ihren Sohn/ihre Tochter gerne in eine Koch-Ausbildung schicken möchten, richtet sich DIESER interessante Artikel. Darin wird erläutert, warum man es in der Gastronomie oft mit sozialer Kälte zu tun hat, aber auch warum fast jeder Zweite seine Ausbildung im Bereich Koch abbricht. Wer seine Tochter/seinen Sohn für charakterlich so gefestigt hält, dass der Spaß am Kochen bei ihr/ihm wahrscheinlich auch nach drei Ausbildungsjahren nicht verloren gehen wird, der sollte ihr/ihm das zumuten. Auch hier sei gesagt, nicht ALLE Betriebe sind, wie es in dem Artikel beschrieben ist.
Ja, der Beruf des Kochs ist alles andere als ein Zuckerschlecken. Auch ich werde desöfteren mit Illusionen über meine Arbeit konfrontiert. Zum einen wird die Sicht des heimischen (einfachsten) Kochens, auch oft mit Convinience-Produkten, auf meine (ganz anders geartete) Arbeit übertragen und natürlich verstehen viele Kunden/innen dann nicht, wie mein Preis für einen Koch-Event zustande kommt. Andererseits sehen mich die meisten Kunden/innen ja nur vor Ort arbeiten. Was davor und danach noch alles zu erledigen ist, sieht niemand. Aber auch diese Zeit muss natürlich vergütet werden und auch diese Zeit ist keine Freizeit, sondern harte Arbeitszeit.
Dennoch: Ich zumindest liebe meinen Beruf und ich habe für mich genau die richtige Lösung gefunden, um damit aus meiner Arbeit eine Menge Freude zu ziehen! Und genau so sollte es im Beruf auch sein 😉 .
Wer hier einen Kommentar zu diesem Artikel schreiben möchte, ist herzlich eingeladen, dies zu tun 🙂 !