Es liegt an den misslungenen Saucen, dass ich mir dieses Kochbuch gekauft habe: „On Food and Cooking“ von Harold McGee (deutsche Übersetzung).
Zwar war es selten ein Drama, weil es sich immer noch rechtzeitig korrigieren ließ, wenn die helle Grundsauce (Velouté) geronnen war, aber es nervte mich. Ich kannte einfach den Grund nicht. Alle Produkte/Zutaten waren frisch! Warum gelang mir die Sauce 98 Mal im Jahr problemlos, aber zweimal eben nicht?
Und wer schon einmal in den Vorbereitungen für ein Menü gesteckt hat, der weiss, dass jede Minute zählt. Eine Sauce ein zweites Mal ansetzen zu müssen, kann zu einer unangenehmen Verzögerung führen. Für mich eigentlich inakzeptabel!
Dann sah ich Sarah Wiener im Fernsehen und sie erzählte von genau meinem Problem und … der Lösung: Ein Freund hatte ihr geraten, den für die Sauce nötigen Fond, ohne Salz anzusetzen. Seitdem geronn Kollegin Wiener, noch mir, die Sauce noch einmal!
Manchmal können Dinge so einfach sein, wenn man die Hintergründe und Zusammenhänge kennt und versteht.
Wir Köche lernen die Praxis. Wir lernen den Umgang mit Lebensmitteln und unser Wissen hängt zunächst von jenen ab, die uns durch die Lehre führen. Wer dabei Glück hat, findet einen fähigen, fachkundigen Ausbilder und Küchenchef, der gerne sein Wissen weitergibt.
Mein Ausbilder war hervorragend! Er konnte kochen, ausgezeichnet sogar und seine Kunst, in Kombination mit meiner Motivation und meinem Wissenhunger, ließen mich zu einem Koch werden, der inzwischen 13 Jahre seines Berufslebens, selbstständig und durchaus erfolgreich, mit diesem wundervollen Job verbringt.
Neben der Praxis gibt es aber noch die Theorie, fachbezogen eben die wissenschaftlichen Zusammenhänge, die uns erklären können, warum Lebensmittel sich so verändern, wie sie es bei der Verarbeitung und Zubereitung eben machen. Ich habe in meinem Leben nur wenige Köche kennengelernt, die bereit waren, sich jenseits der Praxis auch mit dieser Theorie auseinander zu setzen.
Auch ich war darin noch nie gut. Die naturwissenschaftlichen Fächer in der Schule, Mathe, Physik und Chemie (Bio ging noch!), verhagelten mir in meiner Schul-Karriere durchgängig den Zeugnis-Durchschnitt. Und ich weiss noch, wie ich mich immer dagegen wehrte, dieses trockene, theoretische Wissen aufzunehmen. Es war eine angeborene Abneigung.
Und da war wieder Sarah Wiener und die Lösung mit der salzfreien Brühe für die Sauce. Spannend wurde plötzlich, was ich lange Zeit fast schon allergisch abgelehnt hatte: Das Befassen mit den tiefer gehenden Erklärungen, was, wie und warum so geschah, wie es beim Kochen eben passiert!
Meine aufkommende Neugier lieferte mir schließlich die Info zu einem Buch, in dem ein Koch mit einem Lebensmittel-Chemiker gemeinsam versuchte, Zubereitungen von Lebensmitteln auf wissenschaftlicher Basis zu erklären. Die Rezensionen zu dieser Lektüre, waren nicht alle positiv. Eine warnte sogar vor den teilweise kompliziert formulierten und langweiligen Erklärungen. Oje, nichts für mich, das war mir sofort klar!
Von Natur aus entschied ich mich also gegen DIESE Lektüre, weil ich glücklicherweise plötzlich den Hinweis auf ein älteres, noch umfassenderes Buch zu diesem Thema fand. Es war aus dem Englischen übersetzt worden und somit auf deutsch verfügbar und die Rezensionen zu diesem Buch waren fast schon euphorisch.
Wenn von neun Rezensionen, acht fünf Sterne und die neunte vier Sterne bei Amazon vergeben haben, kann das Buch nur gut sein! Und wer schreibt schon Rezensionen und leistet sich eine „Schwarte“ von sagenhaften 1008 Seiten zum Preis von fast 70 €, wenn er/sie sich nicht für diese fachlichen Erkenntnisse interessiert???
In „On Food and Cooking: Das Standardwerk der Küchenwissenschaft“ werden also die physikalischen Zusammenhänge bei Zubereitungen von Lebensmitteln wissenschaftlich erklärt. Zu diesem Zeitpunkt glaube ich, dass ein motivierter, guter Koch, mit diesem Wissen noch besser werden kann, weil er mit „On Food and Cooking“ auch noch die theoretischen Basics vermittelt bekommt, die uns in der Ausbildung in dieser Tiefe kaum vermittelt werden können.
Andererseits ist dies natürlich ein Buch, mit dem sich Praktiker (Köche) auseinandersetzen sollen, die sonst mehr auf praktische Erfahrung bauen, als auf gelernte Theorie. Wer sich mit diesem Buch als Koch beschäftigen will, der muss sicher wirklich motiviert sein, die 1008 Seiten durchzuackern.
Und ich bin keine geborene Leseratte, es wird also ein Kampf werden, je nachdem, wie der Schreibstil ist, aber ich versuche durchzuhalten und werde auf jeden Fall berichten, denn spannend finde ich dieses Projekt definitiv!